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Mittwoch, August 01, 2007

Tinnitus - Heilung, meine Erfahrung


Irgendwann war es da. Es schlingerte hochtonig in meinem rechten Ohr oder besser gesagt, es pfiff in meinem Kopf.
Der Hausarzt spritzte mir Vitamine. Ich schrieb mein Abiturprüfung und es summte weiter.
Nach den schriftlichen Klausuren suchte ich dann irgendwann doch den Ohrenarzt auf. Lange war ich nicht mehr bei einem Mediziner dieses Gebietes gewesen, seit mir jemand bei dem pubertären Spiel "Polnische Hochzeit" auf das Ohr schlug, worauf mein Trommelfell auf der linken Seite platzte.
Der Weissgekittelte also vor mir.
Diagnose: Tinnitus.
(vulgo Nervenzellen in meinem Ohr waren abgestorben.)
Von ihm erfuhr ich noch, was sich auch nach dem Studium aller Fachzeitschriften und Bücher zu diesem Sujets bewies, dass die Ursachen für das Rauschen im Ohr Verspannungen, Stress, erhöhter Harnsäurespiegel, erhöhter Cholesterinspiegel, Schleudertrauma, Gehirnerschütterung oder zu laute Musik, sein können.
Oh mein Gott. Ich darf mich nicht mehr Stress aussetzen. es wird lauter werden. Ich werde mein ganzes Leben umstellen müssen. Ich bin nicht mehr wie die anderen. Ich darf nicht mehr in Diskos. Ich sollte nicht mehr rauchen und tausende von anderen Befürchtungen.
Bereitwillig liess ich mich noch am selben Tag des Sommers in eine Klinik überweisen.

Infusionen:
Eine Stunde pro Tag am Tropf und das bei strahlenden dreissig Grad.
Klinik Feldafing, Ein Doppelzimmer mit einem sehr alten Mann, der jede Minute, ein Geräusch wie umstürzende Bäume beim Holzfällen, aus seiner Kehle dringen liess. Jeden Tag Hörtests. Ich habe ein überdurchschnittliches Gehör. Am letzten Abend gewann Inter Mailand mit Ronaldo den Uefa-Pokal und in der früh wurde ich entlassen.
Das Pfeifen hatte deutlich abgenommen, war aber nicht ganz weg.

Zu Hause angekommen, redete mir meine fast zu fürsorgliche Mutter (bitte MC Winkel zu diesem Thema befragen) unentwegt auf mich ein, das Schlingern weiter zu behandeln. So schelnderte ich, wie in einem Roman von Kafka, in den folgenden Wochen den Berg hinauf.

Cortison:
Tabletten und Spritzen
An diesem Tag war meine Abiturfeier und ich schaffte es wegen diesen starken Medikamenten ein komplettes Sakko unter den Armen in dunkleres Schwarz als meine eigenen Augenringe zu verwandeln.
Keine Veränderung am Ohrgeräusch.

Sauerstofftherapie:
Eine Stunde mit sechs anderen in einer Unterdruckkammer sitzen und eine Maske vor der Nase. Nach den Sitzungen war ich müder als Karl Dalls rechtes Auge. Wenigstens nutzte ich die Zeit, um Jack Kerouacs "On the road" zu lesen.
Keine Beeinflussung in der Muschel.

Chiropraktik:
Dr. M. sehr kompetent.
Mein Körper krachte, lauter als mein Oberschenkelknochen bei meinem Rollerunfall, brachte jedoch leider nicht Neues an der pfeifferischen Front. Als Abschiedsgruss hatte er für mich einen Freund von ihm im Gepäck. Ich ging natürlich auch dorthin.

Akkupunktur:
Sieben Sitzungen mit Nadeln im Nacken und der Ohrmuschel. Genial. Ich war meine eigene Vodoopuppe.
Am Rande erwähnt soll dieser Dr. S. früher Leibarzt von "Mr. Perestrojka", Herrn Gorbatschow gewesen sein, aber bei mir biss er sich die Zähne aus.


Wunderheiler:
Eine ominöse Gestalt, der anhand meines Geburtstages und meiner Blutgruppe Magenkrebs als Ursache für das Pfeifen attestierte. Im Himmel war scheinbar Jahrmarkt oder er rauchte gestrecktes Crack. Ohne Worte

Homäopathie:
Propfen auf dem gesamten Rücken. Danach sah ich aus wie ein Albinomarienkäfer oder hatte Kuheuter auf meiner Rückseite.
Das Pfeifen blieb.

Tebonin:
Vom Apotheker empfohlen, der bereits sieben Hörstürze in seinem Leben hinter sich hatte und diese erst aufhörten als er dieses Medikament täglich präventiv einsetzte. Das reinpflanzliche Präparat nehme ich von Zeit zu Zeit immernoch.

Das Wichtigste jedoch war ein Satz, der mir allen Kummer und sämtliche Ängste nahm.
"Manche Kinder werden mit Ohrgeräuschen geboren und merken dies nicht einmal!"
In diesem Moment wurde mir klar, dass egal wie sehr es pfeifen sollte, mein Leben trotzdem weitergeht.
Der Tinnitus seine Macht verloren und störte mich nie wieder.
Danach gab es zehn Jahre Rock n Roll.
Lasst euch Infusion geben und dann gebt Ruhe, denn Tinnitus ist auch eine Kopfsache!
In diesem Sinne....