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Mittwoch, Juli 11, 2007

Buchvorstellung mit Roman L - Ausgabe 3

Jede Woche stelle ich Euch Bücher, welche ich in der jeweiligen Woche gelesen habe, vor. Heute Frischgedrucktes: Armor



Armor bedeutet auf keltisch "Land des Meeres".
In seinem vierten Buch, skizziert ,der 1971 an der Mosel geborene und in Berlin lebende, Autor Marcus Braun ein tiefschwarzes Vexierspiel über Triebe, verborgene Fantasien, Gegensätzlichkeiten und Abgründe der Menschen.
Der Roman beginnt mit einen Steinschlag in die Winschutzscheibe des Alfa Romeos von Kate und Fabien. Sie sitzen fest und erklären sich gezwungenermaßen bereit im Hause eines Architekten Jacques und seiner ,um Vielfaches jüngeren, Frau Isabell Unterschlupf zu suchen. Innerhalb dieses vier Personen-verhältnisses, (welches atmospherisch deutlich, an das Kino der "Nouvelle Vague" erinnert,) ängstigt, befürchtet und leidet der Leser mit Fabien, bis sich scheinbar ein weiterer Mord ereignet. Was oberflächlich erscheint, wird tief und diejenigen Leser, welche die Zeilen in der Eile des Protagonisten verschlingen, werden nach 187 Seiten Gefahr laufen, ahnungslos und ohnmächtig dazustehen.

Einige der besten Zeilen:
-Auf dem Geländer der Brücke, ein Stein von der Größe eines Säuglingskopfes; von selbst wird er nicht runterfallen, von selbst geschieht wenig.
- Fünf Minuten Zeit gibt es immer; die Schamlosigkeit, die Obszönität der Ebbe
- Zeit verstrich, aber nicht mal ein Hund bellte.
- ..einen Satz ,der die Situation verwandelt hätte in die unbeschwerte, gleichsam papillone Begegnung zweier mit der Gravitation spielender Wesen.
- Das Wildschwein hatte zu Lebzeiten wohl einen Sack mit Kräutern gegessen und schmeckte hervorragend.
- Ein Tuch, das man als Kind mit sich rumschleppte, es nicht aus den Händen gab, bis es stank und schließlich in Fetzen hing, einen Spielzeugsoldaten, den man halbwüchsig aus diffusen Rachegefühlen gegen geliebte Wesen und Gegenstände mit einem Feuerzeug hinrichtet, danach weint man vor Wut, überhaupt weint man oft vor Wut als Kind, wohin verliert sich das, was tritt an die Stelle? Dann liebt man plötzlich ihn. Irgendeinen ihn.
- Es folgten die Bewegungen von Säugetieren.

Marcus Braun entspinnt in seinem Roman, anhand asynchroner Gesprächsfetzen. Rückblenden, Gedankengängen und Tagträumen, ein herrliches Labyrinth, welches Spannung und literarische Tiefe nicht vermissen läßt.
Postrealistischer Realismus!
187 Seiten / Suhrkamp Verlag / 17,80 Euro

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