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Montag, Juni 15, 2009

Buchvorstellung mit Roman L - Ausgabe 53

Jede Woche stelle ich Euch Bücher vor, welche ich in der jeweiligen Woche gelesen habe.
Heute: Damals, am Meer

Die 1956 geborene und in London lebende, mit dem Guardian Fiction Award ausgezeichnete Schriftstellerin Meg Rosoff hat einen unglaubliches Werk herausgebracht. In ihrem dritten Roman nimmt sie Anleihen bei Salinger, jedoch passt dies hier wirklich. Die Erzählung über einen sechzehnjährigen Jungen an der britischen Küste, der große Abneigung gegen das Internatsleben hegt, wird zu etwas gänzlich anderen. Eine wunderbare wie sonderbare, aber so herzzerreißende Geschichte über Freundschaft.

Einige der besten Zeilen:
- Ich hatte das Gefühl, als wäre ich durch einen schmalen Spalt im Universum gefallen, das Kaninchenloch hinunter in eine idealisierte Version von This Boy´s Life.
- Wenn man in genug Augen schaute und aus den Blicken die immer gleiche Meinung sprach, glaubte man mit der Zeit, sie könnten Recht haben.
- Mit diesem Lächeln hätte man ein Loch in die Welt brennen können.
- ....man stopfte unsere Köpfe und Körper mit Texten und Wahrheiten voll, aber wir hungerten hoffnungslos, permanent und katastrophal nach dem wirklichen Leben.
- Einen Moment lang verspürte ich den Drang, ins Meer zu springen und mich von der Gegenwart freizuschwimmen.
- S. 65
- Vielleicht klingt es übertrieben, zeitlich alles so genau festzulegen, aber im Internat leben wir von Minuten: gestohlenen Minuten, Minuten zwischen Stunden, vier Minuten, um eine Zigarette zu rauchen, zwanzig Minuten für ein großes Bier im Pub, Freistunden, in denen gefälschte Abschlussarbeiten oder Schmugglerware gekauft werden konnten.
- Es war nicht schön, ihm dabei zuzusehen, aber ich zwang mich, nicht zimperlich zu sein, und befolgte meine eigenen Regeln, noch während ich sie erfand.
- Ein Kind läuft nie in die Sonne, sagte er an mich gewandt, als wäre er um meine Zukunft besorgt. „Vergiss das nicht, falls du mal eins verlierst.“
- S.98
- Ich suchte mit jeder Faser meines Wesens, aber da war nichts zu sehen.
- S.135
- Ich wurde rot, bückte mich wie ein Bittsteller und hob hastig meine Sachen auf, steckte sie in meine Schultasche, löschte mich völlig von der Bildfläche.
- Wenn man Geduld hat und wartet, wird man sehen, dass die Wahrheit (die schwächste aller Kräfte und ohne Gewicht) im Lauf der Zeit nach dem Bild der öffentlichen Meinungen umgeformt wird.
- Kurz darauf war er mit seinem liebsten Schnuller-Ersatz ausgestattet, atmete langsam und nachdenklich aus und füllte den kleinen Raum mit Rauch.
- Als ich mit dem wahren Leben konfrontiert wurde, mit echter Scheiße, Pisse und Krankheit, reagierte ich, wie kein Held tun würde. Ich rannte.
- S.194

„Damals, am Meer“ ist ein literarisches Ereignis, ein Buch, das den Leser fesselt und einem unmöglich macht vor der letzten Seite schlafen zu gehen.

Übersetzt von Brigitte Jakobeit

239 Seiten, Carlsen Verlag, 14,90 Euro

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