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Dienstag, Februar 05, 2008

Und noch ein paar Nachtgeschichten

(Süddeutsche Zeitung vom 3.2.2008)

Und noch ein paar Nachtgeschichten
Da gibt es noch so einen: Roman Libbertz, Betreiber des Privée. Der führt am Montag (3. Februar 2008) um 22 Uhr im P1 einen kleinen Film vor, den er mit seinem Spezl Ben Tewaag ("Sohn einer lederhäutigen Schauspielerin", so Fister) gedreht hat. Auch er hat ein Buch, das er signieren wird. So viel Vorurteil darf sein: Man möchte es nicht mögen. Weil Libbertz der 30-jährige sorgenfreie Spross eines Staranwalts und eines Models ist, weil er selber modelt, weil er sein Werk prahlerisch "Triebjagd - 31 gute Nachtgeschichten" getauft hat, weil es die Sammlung einer Internetkolumne ist, die ein Wodka-Hersteller sponsert, den er auf fast jeder Seite schleichbewirbt, et cetera.
Aber es geht nicht. Das Buch ist von Anfang an gut und wird immer besser. Eine Fundgrube an Partyfragmenten, Katergedanken, Liedtexten, Gedichten, Lausbuben-Geschichten und Bewusstseinsstrom, der ein echter Sog ist. Da hat einer Rainald Goetz gelesen und verstanden, dazu Tucholsky, Handke und viele mehr.
Libbertz hat mit seinem Kumpel Nilz Bokelberg eine Lese-Talk-Show auf dem jungen Literatur-Sender Lettra. Er nutzt jeden Kanal für seine Fotos, Bilder, Texte und Filme (einen seiner ersten hat er bereits 1996 mit den "Das Leben der anderen"-Produzenten Quirin Berg und Max Wiedemann gemacht): "Mein Blog - Mein Flickr - Mein Youtube" steht sendungsbewusst über seiner labyrinthischen Internetseite. Mal stellt er Kunst in Clubs aus, mal geht er mit Freunden als "Literarische Zukunft Deutschlands" auf Lesereise.
Libbertz schreibt, seit er als Zehnjähriger eine Adler-Schreibmaschine unterm Weihnachtsbaum fand. Das merkt man. In drei Sätzen erzählt er mehr über die Bussi-Bussis als Fister in einem ganzen Kapitel. "Eine Frau hat zu viel getrunken und sackt in den Armen ihrer Begleitung zusammen. Ich will helfen und frage, ob ich einen Arzt rufen soll. ,Nein, sie ist Ärztin'."
Er beherrscht das von Fister für die Tür aufgestellte "Gesetz der Knappheit": Je weniger er hineinlässt, umso mehr möchte man selbst hinein. Fister steht drüber, Libbertz steckt drin. Fister erklärt sich (um Absolution zu bekommen), Libbertz befragt sich. Ein Ass hat Fister noch im Ärmel: "Ich selbst besitze heute noch Fotos, die hübsche Frauen in weniger hübschen Ohnmachtsposen zeigen und beweisen, dass Kotze auch ein stilistisches Ausdrucksmittel für moderne Kunst sein kann." Besser, er macht wieder einen Club auf und keine Galerie.