Buchvorstellung mit Roman L - Ausgabe 87
Jede Woche stellc ich Euch Bücher vor, welche ich in der jeweiligen Woche gelesen habe.
Heute: Auch Deutsche unter den Opfern
Benjamin von Stuckrad-Barre mag es bestimmt nicht, wenn man ihn als Enfant terrible der „neueren deutschen Literaturszene“ bezeichnet. Herr von Stuckrad-Barre mag so einiges nicht, einiges mag er aber auch.
In „Auch Deutsche unter den Opfern“, einem Buch in Tradition seiner Werke wie „Remix“ oder „Deutsches Theater“, beobachtet er wieder und beobachtet dezidiert. Er sieht Westerwelle, Grass, Lindenberg, der Linken, Grönemeyer und Westernhagen aufs Maul, geht nebenbei zum Plattenkaufen, macht sich Gedanken über den Winter oder steht an der Theke im Grill Royal.
Texte über die Realität, unsere Zeit und allen voran über Deutschland.
Einige der besten Zeilen:
- Lindenberg will, wie immer, alles. Es soll knallen und rocken, und natürlich sollen auch Tränen fließen, „Taschenlampe ganz tief rein in die Seele“, wie er das nennt.
- Haußmann lacht: „Familie ist mein Spezialgebiet, da bin ick Meister im Inszenieren.“
- Mich selbst hatte ich beim hektischen Umsteigen auf irgendeinem Bahnhof des Landes stehen lassen.
- Im Wartezimmer eines Unfallchirurgen lässt sich bei jedem Mitwartenden schnell erraten, warum er dort ist – bei HNO-Patienten ist das nicht ganz so leicht, obschon die betroffene Körperregion klar umgrenzt ist. Am unterhaltsamsten ist dieses wartezeitvertreibende Spielchen im Wartezimmer eines Psychiaters.
- Eine Lösung könne immer nur die Reform der Reform bedeuten, aber dies dürften Politiker nun mal nicht zugeben, denn dann käme der Nächste, der behauptet, er hätte jetzt die Lösung, und dann werde der gewählt.
- Für sie gilt dasselbe wie für Damen, die man aus Versehen etwas zu früh zu einem abendlichen Vorhaben abholt und die einem dann missvergnügt, mit Lockenwicklern im Haar, Quarkmaske im Gesicht und Epiliergerät in der Hand die Tür öffnen: Ihre verzaubernde Wirkung entfalten sie erst im vollen Ornat, bitte bis zum Ende aller Dekorationsübungen die kritischen Augen schließen.
- Heute fährt man dazu aufs Land. Hier einzukaufen ist billiger und bequemer als in Innenstädten, das ist kurz gesagt, blöd für – zum Beispiel Karstadt.
Ein Buch wie eine Reise durch die Republik.
Durch viel Subjektivität zum Objektiven.
334 Seiten, Kiepenheuer und Witsch, 14, 95 Euro.
Heute: Auch Deutsche unter den Opfern
Benjamin von Stuckrad-Barre mag es bestimmt nicht, wenn man ihn als Enfant terrible der „neueren deutschen Literaturszene“ bezeichnet. Herr von Stuckrad-Barre mag so einiges nicht, einiges mag er aber auch.
In „Auch Deutsche unter den Opfern“, einem Buch in Tradition seiner Werke wie „Remix“ oder „Deutsches Theater“, beobachtet er wieder und beobachtet dezidiert. Er sieht Westerwelle, Grass, Lindenberg, der Linken, Grönemeyer und Westernhagen aufs Maul, geht nebenbei zum Plattenkaufen, macht sich Gedanken über den Winter oder steht an der Theke im Grill Royal.
Texte über die Realität, unsere Zeit und allen voran über Deutschland.
Einige der besten Zeilen:
- Lindenberg will, wie immer, alles. Es soll knallen und rocken, und natürlich sollen auch Tränen fließen, „Taschenlampe ganz tief rein in die Seele“, wie er das nennt.
- Haußmann lacht: „Familie ist mein Spezialgebiet, da bin ick Meister im Inszenieren.“
- Mich selbst hatte ich beim hektischen Umsteigen auf irgendeinem Bahnhof des Landes stehen lassen.
- Im Wartezimmer eines Unfallchirurgen lässt sich bei jedem Mitwartenden schnell erraten, warum er dort ist – bei HNO-Patienten ist das nicht ganz so leicht, obschon die betroffene Körperregion klar umgrenzt ist. Am unterhaltsamsten ist dieses wartezeitvertreibende Spielchen im Wartezimmer eines Psychiaters.
- Eine Lösung könne immer nur die Reform der Reform bedeuten, aber dies dürften Politiker nun mal nicht zugeben, denn dann käme der Nächste, der behauptet, er hätte jetzt die Lösung, und dann werde der gewählt.
- Für sie gilt dasselbe wie für Damen, die man aus Versehen etwas zu früh zu einem abendlichen Vorhaben abholt und die einem dann missvergnügt, mit Lockenwicklern im Haar, Quarkmaske im Gesicht und Epiliergerät in der Hand die Tür öffnen: Ihre verzaubernde Wirkung entfalten sie erst im vollen Ornat, bitte bis zum Ende aller Dekorationsübungen die kritischen Augen schließen.
- Heute fährt man dazu aufs Land. Hier einzukaufen ist billiger und bequemer als in Innenstädten, das ist kurz gesagt, blöd für – zum Beispiel Karstadt.
Ein Buch wie eine Reise durch die Republik.
Durch viel Subjektivität zum Objektiven.
334 Seiten, Kiepenheuer und Witsch, 14, 95 Euro.
Labels: Auch Deutsche unter den Opfern, Benjamin von Stuckrad-Barre, rezension
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