Buchvorstellung mit Roman L- Ausgabe 56
Jede Woche Stelle ich Euch Bücher vor, welche ich in der jeweiligen Woche las.
Heute: Die Rolle meines Lebens
In seinem vierten Buch, dem Werk nach „Nicht so schlimm“, das ich sehr mochte, zeichnet der 1972 geborene und in Madagaskar lebende, französische Schriftsteller Nicolas Fargues das Bild eines Antihelden. Die Vorzeichen: Der fünfunddreißigjährige farbige Schauspieler Antoine wurde von seiner Freundin verlassen, er hat mit der Hauptrolle in „White Stuff“ einen Kassenerfolg gelandet und bekommt von einem alten Schulkameraden per Email die Einladung zu einem kleinen Vortrag über den Hollywoodstreifen „L.A. Crash“.
Seiten gefüllt von engstirnigen Lebenseinstellungen, Eitelkeiten, Sinnsuche und Selbstmitleid, bei dem man sich selbst bisweilen wieder erkennt.
Einige der besten Zeilen:
- Ich umarmte ihn, wie in einem amerikanischen Film, umarmte ihn, um ihm zu zeigen, wie herzlich und offen ich war, und hielt es für angebracht, meinen Überschwang in singendem Tonfall mit lachhaften, wiederum amerikanischen Ausrufen zu begleiten, mit Ausrufen, die absolute friendship bedeuteten: „Heeey! Bernaaard! Waaahnsinn!“
- S. 28
- Aber nichts zu machen, er interessierte mich trotzdem nicht, wahrscheinlich war er mir nicht oberflächlich und nicht verdorben genug.
- Man spielt in Frankreich nicht mit seinen Gefühlen, sondern mit dem Kopf.
- S. 67
- Splitternackt, ohne Haargel und Strom sind wir alle gleich, basta.
- Das sind wenigstens echte Kerle, die haben wenigstens einen Ständer gekriegt und ihn ihr reingesteckt.
- Ich dachte mir das der Kerl in zehn Jahren sein Bluetooth-Ding durch etwas ersetzen würde, was noch zwanzigmal kleiner ist und zwanzigmal soviel Speicherkapazität hat, fünf Jahre später wieder das Gleiche, und dass es ihm jedes Mal das Gefühl geben würde, total auf der Höhe seiner Zeit zu sein, obwohl er in seinem Verlangen, modern zu sein, doch immer dem hinterherhinkt, wonach er bewusst strebt: nach der Leere, das heißt, alles abzuwerfen, was zwischen ihm und der Welt steht.
- Aber vor allem nahm ich die Einladung an, weil mir das Gesunde, Bodenständige und Energische an diesem Mädchen gefiel, dessen Tatkraft auf eine herrliche Abenteuerlust im Bett schließen ließ.
- Das Alter ist ein unerhebliches Ding, das einen nicht loslässt.
- Wir müssen in der Jugend alle unsere Fehler machen, um am Ende zu begreifen, auch wenn es dann zu spät ist.
Fargues neuer Roman liest sich leicht, ist humoristisch und kommt einer erfundenen Autobiographie sehr nahe.
In gewisser Weise ist er wie eine ausformulierte Version des „Romantischen Egoisten“, wobei das Ende zu einem der Besten seit längerer Zeit zählt und das gesamte Buch äußerst lesenswert macht.
Aus dem Französischen von Christian Kolb
221 Seiten, Rowohlt Verlag, 17, 90 Euro.
Heute: Die Rolle meines Lebens
In seinem vierten Buch, dem Werk nach „Nicht so schlimm“, das ich sehr mochte, zeichnet der 1972 geborene und in Madagaskar lebende, französische Schriftsteller Nicolas Fargues das Bild eines Antihelden. Die Vorzeichen: Der fünfunddreißigjährige farbige Schauspieler Antoine wurde von seiner Freundin verlassen, er hat mit der Hauptrolle in „White Stuff“ einen Kassenerfolg gelandet und bekommt von einem alten Schulkameraden per Email die Einladung zu einem kleinen Vortrag über den Hollywoodstreifen „L.A. Crash“.
Seiten gefüllt von engstirnigen Lebenseinstellungen, Eitelkeiten, Sinnsuche und Selbstmitleid, bei dem man sich selbst bisweilen wieder erkennt.
Einige der besten Zeilen:
- Ich umarmte ihn, wie in einem amerikanischen Film, umarmte ihn, um ihm zu zeigen, wie herzlich und offen ich war, und hielt es für angebracht, meinen Überschwang in singendem Tonfall mit lachhaften, wiederum amerikanischen Ausrufen zu begleiten, mit Ausrufen, die absolute friendship bedeuteten: „Heeey! Bernaaard! Waaahnsinn!“
- S. 28
- Aber nichts zu machen, er interessierte mich trotzdem nicht, wahrscheinlich war er mir nicht oberflächlich und nicht verdorben genug.
- Man spielt in Frankreich nicht mit seinen Gefühlen, sondern mit dem Kopf.
- S. 67
- Splitternackt, ohne Haargel und Strom sind wir alle gleich, basta.
- Das sind wenigstens echte Kerle, die haben wenigstens einen Ständer gekriegt und ihn ihr reingesteckt.
- Ich dachte mir das der Kerl in zehn Jahren sein Bluetooth-Ding durch etwas ersetzen würde, was noch zwanzigmal kleiner ist und zwanzigmal soviel Speicherkapazität hat, fünf Jahre später wieder das Gleiche, und dass es ihm jedes Mal das Gefühl geben würde, total auf der Höhe seiner Zeit zu sein, obwohl er in seinem Verlangen, modern zu sein, doch immer dem hinterherhinkt, wonach er bewusst strebt: nach der Leere, das heißt, alles abzuwerfen, was zwischen ihm und der Welt steht.
- Aber vor allem nahm ich die Einladung an, weil mir das Gesunde, Bodenständige und Energische an diesem Mädchen gefiel, dessen Tatkraft auf eine herrliche Abenteuerlust im Bett schließen ließ.
- Das Alter ist ein unerhebliches Ding, das einen nicht loslässt.
- Wir müssen in der Jugend alle unsere Fehler machen, um am Ende zu begreifen, auch wenn es dann zu spät ist.
Fargues neuer Roman liest sich leicht, ist humoristisch und kommt einer erfundenen Autobiographie sehr nahe.
In gewisser Weise ist er wie eine ausformulierte Version des „Romantischen Egoisten“, wobei das Ende zu einem der Besten seit längerer Zeit zählt und das gesamte Buch äußerst lesenswert macht.
Aus dem Französischen von Christian Kolb
221 Seiten, Rowohlt Verlag, 17, 90 Euro.
Labels: Die Rolle meines Lebens, nicolas fargues, Rezension.
<< Home