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Freitag, April 01, 2011

Buchvorstellung mit Roman L - Ausgabe 107

Jede Woche stelle ich Euch Bücher vor, die ich in der jeweiligen Woche gelesen habe.
Heute:

Der 1942 in Griffen geborene, heute vornehmlich in Paris lebende Schriftsteller Peter Handke ist zweifelsfrei nun seit mehr als 30 Jahren einer der erfolgreichsten deutschsprachigen Autoren. Im Jahre 1972 "versuchte" er mit "Wunschloses Unglück" den Selbstmord seiner Mutter in einer Erzählung zu verarbeiten.

Einige der besten Zeilen:
- Es fing damit an, daß meine Mutter plötzlich Lust zu etwas bekam: sie wollte lernen; denn beim Lernen damals als Kind hatte sie etwas von sich selber gefühlt.
- Endlich einmal zeigte sich für alles bis dahin Unbegreifliche und Fremde ein großer Zusammenhang: es ordnete sich eine Beziehung zueinander, und selbst das befremdend automatische Arbeiten wurde sinnvoll, als Fest.
- "Seit ich Menschen kenne, liebe ich die Tiere" sagte er, natürlich nicht ganz im Ernst.
- Ein kurzes, unglückliches Lachen, Wegschauen von einem selber, wie die anderen in der Luft herum, dabei ertappt, daß man ein Bedürfnis geseiht hatte wie diese andern, gekränkter Stolz, Versuche, sich doch noch zu behaupten, kläglich, weil man gerade dadurch verwechselbar und austauschbar mit den Umstehenden wurde: etwas Stoßendes Gestoßenes, Schiebendes Geschobenes, Schimpfendes Beschimpftes.
- Es war ohnehin klar, daß jeder die gleichen Sorgen hatte - man unterschied sich nur darin, daß der eine sie halt leichter nahm und der andere schwerer, es war alles eine Temperamentsache.
- Dann musste sie die Augen zumachen, und stille Tränen rannen nutzlos aus dem weggedrehten Gesicht.

Heute wie damals: Sprachgewaltig, behutsam, raffiniert und weise.
Ich habe die Moral dieses Versuchs so verstanden:
Grausames konserviert sich nur in der Vorstellung und es gibt keinen Grund diese aufrecht zu halten. Ich kann mich aber auch irren. Auf jeden Fall ein Meilenstein.

96 Seiten, Suhrkamp Verlag, 6,50 Euro.

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