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Donnerstag, Januar 24, 2013

William Friedkin Interview


Sie sagen, dass Sie keine Proben mögen. Wie arbeiten Sie dann mit ihren Akteuren?

Es gibt zwei verschiedene Schauspieler-Typen. Der eine - nennen wir ihn mal den Tommy-Lee-Jones-Typ - hat das Drehbuch gelesen und verstanden. Er muss nicht bemuttert werden, sondern braucht von mir nur noch technische Anweisungen. Ich sage also zu ihm: „Du kommst durch den Eingang, siehst dich um, gehst die Treppe hinauf, stehst vor der Tür, drückst die Klinke herunter, trittst ein und redest mit dem Kerl, der am Fenster sitzt.“ Tommy Lee entgegnet: „Okay, ich bin bereit.“ Er weiß instinktiv, wie er es machen muss, und beim ersten Versuch ist die Szene im Kasten.

Und der andere Typ?

Den nennen wir mal Benicio del Toro. Das ist der Typ, der über alles, was er tun soll, erst stundenlang grübeln muss. Ich sage zu ihm: „Du sitzt hier auf dem Stuhl, und wenn Tommy Lee zur Tür hereinkommt, starrst du aus dem Fenster und antwortest auf seine Fragen.“ Er erwidert: „Warum sitze ich hier? Was ist meine Motivation? Warum liege ich nicht auf dem Bett? Habe ich als Kind meinen Vater geliebt oder gehasst?“ Ich denke insgeheim: „Woher zum Teufel soll ich das wissen?“ Das sage ich aber nicht. Stattdessen erfinde ich irgendeinen Blödsinn über die Beziehung der Filmfigur zu ihrem Vater, und Benicio nickt: „Ah ja, ich verstehe!“ Die Steigerung von Benicio heißt übrigens Nick Nolte: Der schreibt jedes Mal vor Beginn der Dreharbeiten einen ganzen Roman über seine Rolle im Film. Zu „Blue Chips“ drückte er mir einen Dreihundert-Seiten-Erguss in die Hand und fragte mich nach meiner Meinung. Ich hielt es für einen Haufen Schrott, doch ich sagte zu ihm: „Großartig, Nick! Ja, so solltest du die Rolle anlegen!“